Veranstaltung: | Landesparteitag 20./21.04.2018 |
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Tagesordnungspunkt: | 3 Anträge |
Antragsteller*in: | Landesvorstand (dort beschlossen am: 23.03.2018) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 23.03.2018, 16:56 |
A7: Kehrtwende im Plastikland
Antragstext
Kunststoffe verantwortungsvoll einsetzen statt verschwenden, muss unser Ziel
sein.
Kunststoffe haben die Welt verändert und sind aus dem Alltag nicht mehr
wegzudenken. Erfindungen und Innovationen wurden durch Kunststoffe ermöglicht
und bereicherten die Medizin, das Verkehrswesen, die Industrie und erleichtern
vieles in unserem Alltag. In gleichem Maße sind Kunststoffe zum Problem
geworden: Der Plastikskandal an der Schlei zeigt die dramatischen Auswirkungen
eines unverantwortlichen Umgangs mit Kunststoffen. Die Millionen einzelner
Plastikteile werden auf Jahre noch die Natur belasten. Aber dieser Fall ist nur
die Spitze des Eisbergs. Im Pazifik treibt eine Müllinsel so groß wie
Deutschland und auch die Meere vor unserer Haustür sind in erheblichem Maße mit
Kunststoffen belastet.
Die verschwenderische Verwendung langlebiger Kunststoffe aus der knappen
Ressource Erdöl of nur für eine extrem kurze Einsatzdauer ist für uns nicht
länger akzeptabel. Es braucht korrigierende Regeln. Wir GRÜNE fordern einen
verantwortungsvollen Umgang mit Kunststoffen hin zu einem ökologisch
verträglichen Einsatz – eine Kehrtwende im Plastikland!
- Wir fordern eine radikale Reduzierung der Kunststoffverpackungen und ein
echtes Recycling der verschiedenen Wertstoffe im Sinne der
Produzentenverantwortung.
- Wir fordern ein bundesweites Gesetz, welches die getrennte Entsorgung von
Lebensmittelabfällen und Kunststoffen vorsieht. Die Verwendung von mit
Plastik gepanschter Gärmasse für die Strom- bzw. Wärmeerzeugung aus Biogas
muss verboten werden. Eine Kontamination von Böden oder Gewässern wie an
der Schlei muss ausgeschlossen werden.
- Wir fordern ein europäisches Verbot von hinzugefügten Mikrokunststoffen in
Kosmetika, um direkte Einträge von Mikrokunststoffen in die Gewässer zu
minimieren.
- Wir setzen uns dafür ein, dass Kläranlagen mit den neuesten technischen
Möglichkeiten versehen werden, um auch Partikel in Mikrometergröße
entfernen zu können.
- Wir unterstützen Start-Ups und Initiativen, die die Reduzierung des
Plastikverbrauchs vor allem bei Lebensmitteln zum Ziel haben.
- Wir unterstützen die europäische Plastikstrategie.
- Wir tragen selbst zur Reduzierung bei und werden auch weiterhin
plastikfreie Wahlkämpfe führen und auf Parteitagen sowie in unseren
Geschäftsstellen die Verwendung von Plastik auf ein absolutes Minimum
reduzieren.
Begründung
Im Rahmen unseres Plastikfastenprojektes sind wir auf viele Missstände rum ums Plastik aufmerksam geworden und fassen hiermit unsere Forderungen in einem Antrag zusammen.
Kunststoffe sind kein Teufelszeug – der Teufel ist unser unverantwortliche Umgang damit! Die erschreckende Menge von Kunststoffen insbesondere bei Verpackungen ist ein Ergebnis von unternehmerischer Gewinnsucht. Muss die Produktion immer billiger werden, so sind Kunststoffe oft die einfachste aber auch problematischste Allround-Lösung der „Billig billig billig-Mentalität“.
Die Lebensdauer von Kunststoffen beträgt oft mehrere hundert Jahre, die Nutzungsdauer hingegen oft nur einige Minuten (wie z.B. bei To-Go-Bechern und Essensverpackungen). Die verschwenderische Verwendung dieses Materials aus der knappen Ressource Erdöl ist für uns nicht länger akzeptabel. Es braucht korrigierende Regeln.
In vielen Fällen ließe sich das Verpackungsmaterial stark reduzieren. Derzeit wird bei der Herstellung von Verpackungen hauptsächlich auf die Eigenschaften der Verpackung wert gelegt. So werden beispielsweise Käse- oder Wurstverpackungen aus dem gute recyclebaren PET mit einem Deckel verschlossen, der zwar auch aus PET besteht, aber mit PE beschichtet wird und ihn besser wiederverschließbar zu machen. Diese Beschichtung kann in der Sortieranlage nicht mehr entfernt werden. Die Sortenreinheit des zu recyclenden PET sinkt und damit auch der Wert des Produktes der Sortieranlage. Manchmal bestehen solche Plastikverbundstoffe auch noch aus weit mehr verschiedenen Schichten und Verbünden. Eine Trennung und ein Recycling sind damit ausgeschlossen. Ein weiterer wichtiger Faktor bei der Vermeidung großer Mengen Plastikverpackungsmülls sind die Packungsgrößen. Auch hier sollten Richtwerte und Verhältnismäßigkeiten festgestellt und umgesetzt werden. Viele Lebensmittel, wie Obst und Gemüse benötigen für den Verkauf überhaupt keine Verpackung. Es ist durchaus möglich Biogurken an der Kasse von anderen zu unterscheiden, indem man sie beispielsweise mit einem Laser als „bio“ markiert. Das Einschweißen von Obst und Gemüse ist völlig unnötig.
Mikroplastikpartikel werden mit zunehmendem Maße im Meer und in Meerestieren nachgewiesen. Da sie so klein sind, sind sie für uns unsichtbar. Die Partikel können sich im Verdauungstrakt, im Gewebe und sogar in den Zellen selbst ansammeln. Auf diese Weise kehren sie dann zurück zu uns und auf unsere Teller. Es gilt als sicher, dass ein großer Teil der Mikroplastikbelastung der Meere auf Mikroplastikpartikel zurückzuführen ist, die nicht nur aus sekundärem Mikroplastik aus der Zersetzung größerer Makroplastikteile wie Autoreifen, Abrieb von beschichteten Plätzen oder Kleidung stammen, sondern auch aus primärem Mikroplastik aus Produkten und industriellen Anwendungen, wie bestimmten Kosmetikartikeln. Das einfachste im Kampf gegen das Mikroplastik wäre ein Verbot des zusetzten Mikroplastiks. Auch der Verzicht auf Kunststoffanteile in Kleidung würde uns voranbringen. Beim Abrieb von Autoreifen wird es da schon komplexer. Er ließe sich am ehesten mit dem von uns sowieso angestrebten Abnehmen des Individualverkehrs regeln. Zurzeit können diese Partikel, die durch das Abwaschen ins Abwasser gelangen, in Kläranlagen nicht herausgefiltert werden. Auch eine Zersetzung durch spezielle Bakterien in den Kläranlagen steckt noch in der Forschungsphase. Diese klar erkennbare und vermeidbare Quelle von Mikroplastikeinträgen kann durch ein Verbot geschlossen werden, das folglich ein zielführender Beitrag zur Reduzierung der Belastung der Meere mit Mikroplastik wäre. Ein Verbot auf europäischer Ebene würde diese Bewegung aufnehmen und für eine einheitliche Regelung sorgen.
Die Umweltkatastrophe an der Schlei macht uns aufmerksam für ein weiteres, leicht vermeidbares Plastikproblem. So wurden hier abgelaufene Lebensmittel aus Supermärkten mitsamt ihrer Verpackung geschreddert. Hier müssen wir schnell handeln und diese Praktik verbieten. Wenn vorher getrennt werden muss, besteht nichtmehr die Gefahr, dass Plastikpartikel über Gärschlämme auf Äcker und in Gewässer gelangen. Außerdem ist es dann möglich die Verpackungen dem Recyclingkreislauf zuzuführen. Viele Supermärkte handeln jetzt schon freiwillig nach dieser Strategie. Dieses verhalten sollte transparenter sein um einen Anreiz zu bieten.
In der europäischen Plastikstrategie kommen viele dieser Forderungen bereits vor. Zusätzlich dazu findet sie Forderungen zur Müllentsorgung im Hafen, statt des Verklappens auf See, die für uns als Land zwischen den Meeren wichtig sind. Wir unterstützten diese Richtlinie ausdrücklich. Zu finden ist sie unter https://ec.europa.eu/germany/news/20180116-plastikstrategie_de
Änderungsanträge
- A 7.1 (Philipp Schmagold, Eingereicht)
Kommentare
Gerd Weichelt: