Antrag: | Familien gehören zusammen, Kinder gehören zu ihren Eltern. |
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Antragsteller*in: | Luise Amtsberg, KV Kiel; Benita von; Brackel-Schmidt, KV Flensburg; Amina Touré, KV Neumünster; Steffen Regis, KV Kiel; Burkhard Peters, KV Lauenburg; Anna Tranziska, KV Pinneberg; Kerstin Mock-Hofeditz, KV Nordfriesland; Malte Krüger, KV Kiel |
Status: | Geprüft |
Eingereicht: | 20.04.2018, 12:02 |
A 23 NEU zu A23: Familien gehören zusammen, Kinder gehören zu ihren Eltern.
Antragstext
Familien gehören zusammen, Kinder gehören zu ihren Eltern.
Im Rahmen des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems wurde der subsidiäre Schutz dem Schutz gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention unter dem Oberbegriff internationaler Schutz nahezu gleichgestellt. Dies wurde vor Allem damit erklärt, dass die Herausforderungen für und die Lebensrealitäten dieser beiden Schutzgruppen im Aufnahmeland nahezu identisch sind. Die damit einhergehende Gleichsetzung der Familiennachzugsregelungen von Flüchtlingen mit GFK-Status und subsidiär Geschützen war und ist richtig, denn Ehe und Familie sind grundgesetzlich geschützt. Das Recht auf Familiennachzug wird nämlich dann gewährt, wenn das Leben von Ehe und Familie bei anerkanntem Schutzbedarf im Herkunftsland nicht mehr möglich ist.
Mit dem Inkrafttreten des sogenannten Asylpaketes II allerdings, das am 25.2.2016 im Bundestag von der Großen Koalition im Schnellverfahren beschlossen wurde, hat die Bundesregierung weitreichende Nachteile für subsidiär Schutzberechtigte manifestiert. Nicht nur beim Familiennachzug, sondern auch in anderen Bereichen (Einbürgerung, Ausstellung eines Reiseausweises für Flüchtlinge, Ausweisungsschutz usw.) sind subsidiär Schutzberechtigte nun rechtlich schlechter gestellt als anerkannte Flüchtlinge.
Die SPD hat ihre Zustimmung damals damit begründet, dass die Aussetzung des Familiennachzuges nur auf zwei Jahre begrenzt und dies ohnehin nur wenige Menschen betreffen würde. Sie hat sich dabei immer wieder auf die Härtefallregelungen nach § 22 AufenthG berufen, nach der in besonderen Härtefällen dennoch der Familiennachzug bewilligt werden könne.
Die Realität, so lässt es sich heute sagen, sieht leider ganz anders aus. Aus wenigen wurde eine Vielzahl denn immer mehr syrischen Asylsuchenden, aber auch Flüchtlingen aus dem Irak und aus Eritrea wird nur noch ein subsidiärer Schutz, und damit deutlich weniger Rechte, gewährt. Anders formuliert: CDU/CSU und SPD haben erst den rechtlichen Status von subsidiär Geschützten verschlechtert und anschließend begonnen, vielen Flüchtlingen nur noch diesen Status zuzubilligen. Zudem konnten sich im Jahr 2017 lediglich 66 Menschen auf die von der SPD so hoch angepriesene Härtefallregelung berufen. Und mit den jüngsten Plänen des neuen Bundesinnenministers Horst Seehofer ist der Familiennachzug nun endgültig abgeschafft.
Viele Geflüchtete habe sich aber auf das Versprechen verlassen, dass die zuvor geltende Regelung 2018 wieder in Kraft gesetzt wird. Diese Hoffnung wurde durch die neue Bundesregierung jedoch bitter enttäuscht. Mit dem Gesetz zur Verlängerung der Aussetzung des Familiennachzugs zu subsidiär Schutzberechtigten, welches am 15. März 2018 in Kraft getreten ist, wird der Familiennachzug nicht nur bis zum 31. Juli 2018 weiter ausgesetzt, sondern für Zeitraum danach auch noch auf 1000 Personen im Monat kontingentiert. Neben der familiären Gemeinschaft müssen laut aktuellem Referentenentwurf weitere Gründe vorliegen, um den Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten zu ermöglichen. Ausgeschlossen werden sollen all jene Ehen, die erst nach Verlassen des Herkunftslandes geschlossen wurden. Auch kann Empfänger*innen von Sozialleistungen wie Hartz IV der Familiennachzug verwehrt werden. Zu unbegleiteten Minderjährigen mit subsidiärem Schutzstatus ist der Geschwisternachzug ausgeschlossen.
Bündnis 90/ DIE GRÜNEN in Schleswig-Holstein lehnen die Pläne des neuen Innenministers Horst Seehofer und der Großen Koalition entschieden ab.
Familien gehören zusammen, Kinder gehören zu ihren Eltern. Diese Formel ist zutiefst menschlich und ergibt sich überdies nicht nur aus unserem Grundgesetz (Art. 6 GG), sondern auch aus der Europäischen Menschenrechtskonvention (Art. 8 EMRK) und der Internationalen Kinderrechtskonvention (Art. 16 KRK).
Jede Partei, die sich den Menschenrechten verpflichtet fühlt, sollte begreifen, dass diese Rechte universell sind und natürlich auch für Geflüchtete gelten. Auch das Bundesverfassungsgericht und der europäische Gerichtshof für Menschenrechte haben in verschiedenen Urteilen klar aufgezeigt, dass die Bundesrepublik Deutschland keinen pauschalisierten Ausschluss von Familiennachzügen vornehmen darf.
Wir stehen an der Seite der Praktiker, Fachleute, NGOs, Kirchen, den ehrenamtliche Helferinnen und Helfer und der Betroffenen selbst: Die Aussetzung des Familiennachzugs zu subsidiär geschützten Personen hat massive negative Auswirkungen auf die Familien. Oftmals sind es die Kinder, die mit ihren Müttern alleine in überfüllten Flüchtlingslagern jahrelang auf eine Familienzusammenführung warten müssen.
Wer seine Familie nicht in Sicherheit weiß, kann sich nicht auf die neue Heimat einlassen und wird die Zurückweisung empfinden, die in der Verweigerung des Rechtes auf familiäre Einheit liegt. Die Trennung von der Familie ist damit ein zentrales Integrationshemmnis. Wer ständig Angst um seine engsten Angehörigen im Krieg in Syrien oder Irak haben muss, hat weniger Kraft hier in Deutschland anzukommen. Wer an seine Familie denkt und sich sorgt, kann sich nicht auf Integrationskurs, Schule, Ausbildung oder einen neuen Job konzentrieren. Die Perspektive, möglicherweise erst nach langem Warten oder gar nicht wieder vereint zu sein, treibt zudem die betroffenen Familienmitglieder auf gefährlichen Wegen nach Europa und Deutschland zu kommen.
Die Möglichkeit des Zusammenlebens mit der eigenen Familie ist eines der zentralen Grundrechte. Wer Integration will, muss Geflüchteten, die wahrscheinlich viele Jahre in Deutschland leben werden, Perspektiven auf ein Zusammenleben mit den Familien bieten. Ihre Grundrechte dürfen nicht beschnitten werden.
Deshalb hat sich die Koalition in Schleswig-Holstein darauf verständigt, die Wartefristen zu verkürzen, statt sie auszusetzen und den Vermittlungsausschuss des Bundesrates angerufen, um die weitere Verschärfung des Familiennachzugsrechtes zu verhindern. Es ist nur konsequent, dass wir diesen Weg weiter fortsetzen.
Bündnis 90/ DIE GRÜNEN in Schleswig-Holstein beschließen daher:
- Die schleswig-holsteinischen Grünen im Bundestag und im Bundesrat werden aufgefordert, sich jeglichen Verschärfungen beim Familiennachzug für subsidiär Geschützte konsequent entgegen zu stellen.
- Die Landesaufnahmeprogramme der Länder für syrische (und zum Teil für irakische) Geflüchtete können einen sicheren und legalen Weg heraus aus dem Krieg und zur Zusammenführung der Familien darstellen. Schleswig-Holstein soll diesen Weg weiter fortführen. Eine fünfjährige Verpflichtung, den Lebensunterhalt bei Bürgschaften zu übernehmen, ist für kaum jemanden tragbar. Wir wollen dies, wie z.B. in Thüringen und Hamburg, zeitlich auf maximal zwei Jahre begrenzen.
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