Veranstaltung: | Landesparteitag 20./21.04.2018 |
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Tagesordnungspunkt: | 3 Anträge |
Antragsteller*in: | Christoph Krieger (KV Kiel) und Benita von Brakel-Schmidt (KV Flensburg) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 26.03.2018, 09:50 |
A23: Familien gehören zusammen, Kinder gehören zu ihren Eltern.
Antragstext
Familien gehören zusammen, Kinder gehören zu ihren Eltern. Diese Formel ist zu
tiefst menschlich und ergibt sich überdies nicht nur aus unserem Grundgesetz
(Art. 6 GG), sondern auch aus der Europäischen Menschenrechtskonvention (Art. 8
EMRK) und der Internationalen Kinderechtskonvention (Art. 16 KRK).
Jede Partei, die sich den Menschenrechten verpflichtet fühlt, sollte begreifen,
dass diese Rechte universell sind und natürlich auch für Geflüchtete gelten.
Das Bundesverfassungsgericht und der europäische Gerichtshof für Menschenrechte
haben in verschiedenen Urteilen klar aufgezeigt, dass die Bundesrepublik
Deutschland keinen pauschalisierten Ausschluss von Familiennachzügen vornehmen
darf. Die Aussetzung des Familiennachzugs zu subsidiär Schutzberechtigten sieht
jedoch exakt dies für sogenannte Geflüchtete mit eingeschränktem Schutzstatus
vor.
Die Große Koalition versteckt sich dabei hinter einer völlig ungeeigneten
Härtefallregelungen (§ 22 AufenthG), nach der bis Ende 2016 keine einzige Person
in die Bundesrepublik Deutschland einreisen durfte und 2017 magere 95 Menschen
mit Ihren Familien wiedervereinigt wurden.
Viele Geflüchtete habe sich auf das Versprechen verlassen, dass die zuvor
geltende Regelung nach dem 18.März 2018 wieder in Kraft gesetzt wird. Obwohl das
von der Bundesregierung gesteckte Ziel, durch die Aussetzung des
Familiennachzuges den Zustrom von Asylsuchenden zu begrenzen, zwischenzeitlich
erreicht ist, wurde diese Hoffnung jedoch bitter enttäuscht. Mit dem Gesetz zur
Verlängerung der Aussetzung des Familiennachzugs zu subsidiär
Schutzberechtigten, welches am 15. März 2018 in Kraft getreten ist, wird der
Familiennachzug nicht nur bis zum 31. Juli 2018 weiter ausgesetzt, sondern für
den Zeitraum danach auch noch auf 1000 Personen im Monat kontingentiert. Dies
bedeutet für viele Betroffene eine jahrelange Wartezeit. Hierdurch werden
Familien zerstört und Menschen wissentlich in Lebensgefahr gelassen! Dabei ist
der Familiennachzug ein geeignetes migrationspolitisches Instrument, um Flucht
sicher, geordnet und geregelt zu gestalten und auch die Integration in
Deutschland zu befördern. Der Familiennachzug ist zudem das beste Mittel, um
skrupellosen Schleppern die Geschäftsgrundlage zu entziehen.
Wir Grüne sind der Überzeugung, dass Inklusion nur gelingen kann, wenn
anerkannten
Geflüchteten – und dies gilt auch für subsidiär Schutzberechtigte – auf
unbürokratischem Wege der Familiennachzug ermöglicht wird, denn die Sorgen und
Ängste um die Liebsten sowie die jahrelange Trennung von Familienangehörigen
sind oftmals das größte Hindernis, um in der neuen Heimat anzukommen. Wer seine
Familie nicht in Sicherheit weiß, kann sich nicht auf die neue Heimat einlassen
und wird die Zurückweisung empfinden, die in der Verweigerung des Rechtes auf
familiäre Einheit liegt.
Verzögerte oder gar verhinderte Inklusion sind die unumgängliche Folge und die
Ursache für viele psychische Erkrankungen von Geflüchteten.
Deshalb hat sich die Landesregierung von Schleswig-Holstein im Koalitionsvertrag
darauf verständigt, die Wartefristen zu verkürzen, statt sie auszusetzen und den
Vermittlungsausschuss des Bundesrates angerufen, um die weitere Verschärfung des
Familiennachzugsrechtes zu verhindern. Da diese Bemühungen bisher erfolglos
blieben, ist es nur konsequent, nun auf Landeseben eine Möglichkeit zum
erleichterten Familiennachzug von subsidiär Geschützten zu schaffen.
Die Landesaufnahmeprogramm der Länder für syrische (und zum Teil für irakische)
Geflüchtete können einen sicheren und legalen Weg heraus aus dem Krieg und zur
Zusammenführung der Familien darstellen. Diese sind somit für viele Menschen die
letzte Hoffnung.
Wir bedauern es daher zutiefst, dass andere Bundesländer diese lebensrettenden
Aufnahmeprogramme haben auslaufen lassen. Wir Grüne müssen uns dafür einsetzen,
dort die Verantwortung zu übernehmen, wo wir sie mittragen: Schleswig-Holstein,
Berlin, aber auch Brandenburg, Hamburg und Thüringen machen es vor!
Wir haben hier die Chance, zu unseren Worten zu stehen, unsere Überzeugung in
Taten umzusetzen, Menschenleben zu retten und die Inklusion der Geflüchteten
aktiv zu unterstützen.
Wir finden deshalb:
- Dass zumindest auch volljährige Kinder bei der Familienzusammenführung
berücksichtigt werden müssen.
- Geschwister und deren Kinder sowie die Eltern berücksichtigt werden -
unabhängig davon, ob sie in den syrischen Kriegsgebieten selbst oder in
den Anrainerstaaten leben.
- Eine fünfjährige Verpflichtung, den Lebensunterhalt bei Bürgschaften zu
übernehmen, für kaum jemanden tragbar ist. Wir wollen dies, wie z.B.
Thüringen und Hamburg, zeitlich auf maximal zwei Jahre begrenzen.
- Das Land sollte auch weitere Kosten, wie z.B. Verkehrstickets, finanziell
anteilig unterstützen, wenn diese der beruflichen oder gesamten
Integration dienlich sind.
- Gesundheitskosten müssen weiterhin von der Verpflichtungserklärung
ausgenommen werden, um die Kosten für die Verantwortungsgeber*innen
„überschaubar“ zu halten.
- Eine Stichtagregelung ist willkürlich und sollte zugunsten der
Aufenthaltsdauer in Deutschland als bestimmendes Kriterium aufgegeben
werden.
Wir fordern zudem andere Bundesländer – insbesondere mit Grüner
Regierungsbeteiligung - dazu auf, sich diesen Ideen anzuschließen und sich dafür
einzusetzen, Landesaufnahmeprogramme wieder aufzunehmen, wo diese bereits
ausgelaufen sind.
Änderungsanträge
- Globalalternative: A 23 NEU (Luise Amtsberg, KV Kiel; Benita von; Brackel-Schmidt, KV Flensburg; Amina Touré, KV Neumünster; Steffen Regis, KV Kiel; Burkhard Peters, KV Lauenburg; Anna Tranziska, KV Pinneberg; Kerstin Mock-Hofeditz, KV Nordfriesland; Malte Krüger, KV Kiel, Eingereicht)
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